Das Thema

Energielabel – Wahnsinn und Schwachsinn

Das Umweltbewusstsein ist, zumindest in Deutschland, mittlerweile relativ hoch. Da ist es doch gut, dass sich die EU so stark für die Klassifizierung von technischen Geräten durch Energielabel einsetzt, oder? Wenn Sie daran noch glauben, gehen Sie leider einer großen Mogelpackung auf den Leim.

Energieklassen

Nur auf die Einstufung durch die Buchstaben A-G auf dem sogenannten Energielabel zu schauen ist genauso naiv, wie ein angeblich unabhängiges Testergebnis zum Anlass zu nehmen, am nächsten Tag ins Geschäft zu rennen, um den Testsieger zu kaufen. Für ein reales Bild ist es nötig zu hinterfragen, wie so eine Einstufung zustande kommt. Was wurde getestet und wie wurde jeder Wert in dem Test gewichtet? Was führte zur Abwertung und ist das für mich überhaupt relevant?
Aber die meisten Menschen sind ja eher einfach gestrickt und es ist viel bequemer das Ergebnis auf eine Platzierung oder einen Buchstaben zu reduzieren. Genau hier setzen jetzt Industrie und Politik mit ihrer Manipulation an. Um das deutlich zu machen, bleiben wir noch etwas bei den Tests.

Die einfachste Methode ist natürlich den Test zu „kaufen“ und einfach falsche Daten zu veröffentlichen. Das ist allerdings sehr plump und geht auch viel subtiler und unauffälliger. Man kann Eigenschaften in die Bewertung aufnehmen, die für viele Verbraucher gar nicht relevant sind, oder bestimmten Eigenschaften ein überdurchschnittliches Gewicht verleihen und so das Testergebnis verschieben.

Nehmen wir mal ein hypothetisches Beispiel. Ein technisches Gerät (Fernseher, Computer o.ä.) wird getestet. Der Umstand, ob auch eine deutsche Bedienungsanleitung beiliegt, wird in dem Test mit 50% oder mehr gewertet. Das Gerät kann nun technisch so gut und zuverlässig sein wie es will, es wird nie einen der vorderen Plätze im Test belegen, wenn keine Bedienungsanleitung in Landessprache beiliegt. Für einige Verbraucher mag das ja wichtig sein, es gibt aber sicher auch viele, die ohne Anleitung klarkommen oder Englisch verstehen. Das technisch beste Gerät wurde aber durch die Testbedingungen ausgebootet.

Ein zweites, reales, Beispiel. Ich erinnere mich an einen Test aus den 1990er Jahren in der „Computer-Bild“. Es ging um CD-Brenner. In fast allen Tests war ein bestimmtes Gerät immer auf den vorderen Plätzen. Diese Bewertung konnte ich als damaliger Verkäufer und Besitzer des Gerätes nur bestätigen. Keine Reklamationen und das Teil machte alles, was es sollte, zuverlässig über einen langen Zeitraum. In der „Computer-Bild“ lag der Brenner aber abgeschlagen nur auf Platz 7. Was war geschehen? Nun, zu dieser Zeit, kamen gerade die ersten wiederbeschreibbaren CD-Rohlinge auf den Markt. Der schon etwas länger auf dem Markt befindliche Brenner konnte diese noch nicht beschreiben. Er wurde aber in ein Testfeld mit CD-Brennern gestellt, die das konnten. War das Gerät deshalb plötzlich so schlecht geworden? In seiner Klasse natürlich nicht. Der eigentliche Grund für die Abwertung war ein unfairer Test. Hier wurden praktisch Äpfel mit Birnen verglichen.

Eine weitere Möglichkeit einen Test zu fälschen ist es, dem Tester ein manipuliertes Gerät für den Test zur Verfügung zu stellen (siehe VW-Abgas-Skandal). Die Tester kaufen die Geräte nicht immer einfach im nächsten Geschäft, sondern bekommen sie vom Hersteller zur Verfügung gestellt. All diese Methoden werden auch angewandt, wenn es um Prüfsiegel oder halt „Energielabel“ geht. Politiker haben meist selbst keine Ahnung und machen das, was ihnen die täglich ein- und ausgehenden Lobbyisten ins Ohr flüstern. So muss man nicht selbst nachdenken und sichert sich nebenbei noch nach der politischen Karriere einen lukrativen Job.

Bleiben wir mal bei dem liebsten Kind der Deutschen, dem Auto, denn an dem Beispiel sieht man sehr schön, was dabei herauskommt. Ein VW-Golf, eine Mercedes-A-Klasse oder auch mein Kleinwagen bekommen, was die Energieeffizienz angeht, die Klassifikation „C“. Sind sie wirklich so schlecht und schädlich, oder bekommen größere Wagen noch schlechtere Einstufungen? Mitnichten. Die Automobil-Lobby hat es geschafft, dass für die Klassifikation das Gewicht des Wagens mit berücksichtigt wird. Damit sind die Kleinwagen mit ihrem verhältnismäßig geringen Gewicht, Verbrauchswerten von 5-6 Litern Benzin auf 100km und damit moderatem Schadstoffausstoß im Nachteil. Die Automobilindustrie verkauft aber auch lieber Nobelkarossen oder Geländewagen. Damit läuft nun beim Energielabel alles gut für die Industrie. Wollen sie ein Fahrzeug mit einem exzellenten Energielabel kaufen, empfehle ich Ihnen einen Leopard2 Panzer. Der schluckt zwar 350 Liter Sprit je 100km (im Gelände gern auch mal das Doppelte), bringt damit aber stattliche 62 Tonnen Gewicht in Bewegung, wodurch er mit einem „A+“ bei der Energieeffizienz geadelt wird. Das zeigt die ganze Perversion solcher „Gütesiegel“. Die größten Dreckschleudern werden hier als besonders umweltfreundlich verkauft.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel – Die böse Glühlampe, die von der EU aus unseren Wohnzimmern verbannt wurde. Lassen wir mal alle Argumente beiseite, warum Glühlampenlicht angenehmer und behaglicher wirkt. Konzentrieren wir uns auf die Energiebilanz. Schaut man sich den Leistungsverbrauch von LEDs gegenüber der Glühlampe an, scheint das Ergebnis eindeutig. Der Energieverbrauch während der Lebenszeit des Leuchtmittels widerspiegelt aber nur einen Bruchteil der gesamten Energie- und Umweltbilanz. Rohstoffgewinnung, Herstellung und Entsorgung fallen vollkommen unter den Tisch. Vergleichen wir doch mal Glühlampe und LED. Da es sich hier nur um einen kleinen Artikel und keine Doktorarbeit handelt, habe ich auf detaillierte Berechnungen verzichtet, da die dazu notwendigen Daten nicht ganz einfach zu recherchieren sind. Vielleicht macht das ja mal jemand zum Thema seiner Diplomarbeit. Manchmal reicht es aber auch aus, einfach mal den eigenen Kopf und den gesunden Menschenverstand zu gebrauchen.

Die Glühlampe besteht überwiegend aus Metall und Glas. Beides wird zum Schmelzen gebracht und danach in kurzer Zeit verarbeitet. Die meiste Energie wird zum Erzeugen der Schmelze aufgewandt.
Zur Herstellung von LEDs werden sehr viel mehr Stoffe benötigt. Der eigentliche Lichterzeuger ist eine Halbleiterdiode. Um einen Halbleiterkristall zu züchten, wird dieser in einem langwierigen Prozess aus einer Schmelze gezogen. Dies geschieht mit einer Geschwindigkeit von nur einigen Zentimetern in der Stunde. Es dauert also Tage bis Wochen, um einen Einkristall als Ausgangsmaterial für die Halbleiterproduktion zu ziehen. In dieser Zeit muss der Schmelztiegel auf einer gleichmäßigen Temperatur gehalten werden. Ist es so abwegig zu vermuten, dass hier sehr viel mehr Energie verbraucht wird, als bei der Herstellung eines Wolframfadens?
Damit haben wir aber noch keine fertige LED. Nachdem der Kristall in Scheiben zersägt wurde, sind weitere energieintensive Arbeitsschritte notwendig unter Verwendung von meist giftigen und gefährlichen Chemikalien. Es müssen Masken erzeugt und geätzt werden, Fremdatome werden gezielt eingebracht, Kontakte aufgedampft. Um nur eine Glühlampe zu ersetzen, ist eine Vielzahl von LEDs notwendig.
Aber auch das ist noch nicht das Ende vom Lied. Glühlampen kann ich mit dem gleichen Aufwand für jede Betriebsspannung herstellen. Zum Betreiben von LEDs ist ein entsprechender Spannungskonverter notwendig, der auch wieder mit jeder Menge Elektronik vollgestopft ist.
Irgendwann gibt auch die beste LED mal ihren Geist auf. Dann müssen die einzelnen Stoffe mühsam voneinander getrennt und recycelt werden. Bei einer Glühlampe ist das sehr viel einfacher. Ein Wolframfaden, ein Blechsockel und ein Glaskolben, die einfach wieder eingeschmolzen werden können. Und sollte sie mal auf der Müllhalde landen, wird der Glaskolben wieder zu Sand und übrig bleiben ein paar ungiftige Metallteile.
Wie gesagt, ich kann es noch nicht mit konkreten Zahlen belegen, dass die Energiebilanz der LED nicht annähernd so rosig ist, wie behauptet wird. Aber der Teil mit den größten Umweltbelastungen wird durch das Energielabel einfach ignoriert. Die paar Watt Energieeinsparung, während die LED so vor sich hin leuchtet, fallen da eher nicht ins Gewicht.

Narva Glühlampe

Fehlt noch das Argument der angeblich längeren Lebensdauer einer LED gegenüber der Glühlampe. Aber auch hier wird man wieder Opfer von Fehlinformationen, wenn man einfach alles glaubt. Das 1924 von führenden Glühlampenherstellern gegründete Phoebuskartell traf damals eine Absprache zur Begrenzung der Lebensdauer von Glühlampen auf 1000 Stunden. So sicherte man sich Umsätze durch Neukäufe. Offiziell existiert das Kartell nicht mehr, aber an der damaligen Festlegung wurde nichts geändert. Das später in International Electrical Association (IEA) umbenannte Kartell behauptet sich 1992 aufgelöst zu haben, was aber bezweifelt werden kann.
Es gibt keinerlei technische Notwendigkeit für diese Festlegung. Mit der gleichen Konstruktion sind Lampen mit sehr viel höherer Lebensdauer möglich. Die Glühlampenfabrik Aero-Tech in den USA stellt Speziallampen mit einer Lebensdauer von 20.000 Stunden her. Eine Packung mit 6 Stück kostet gerade mal 11,99 $.
Der Erfinder Dieter Binninger entwickelte eine Glühlampe, die 150.000 Stunden halten sollte. Er wollte diese im Ostberliner Narva-Werk produzieren und gab deshalb ein entsprechendes Kaufgebot ab. Nach seiner Kaufofferte kam er jedoch bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. So konnte die Treuhandchefin Birgit Breuel die Produktionsstätte „planmäßig“ abwickeln und die Entstehung einer echten Konkurrenz für das Kartell verhindern.

Aber der Wahnsinn mit den Energielabeln hat hier noch kein Ende. Haben sie sich mal z.B. in einem Möbelgeschäft eine Einbauküche angeschaut? Sie ist behängt wie ein Weihnachtsbaum, mit Energielabeln für jedes Gerät, jede Beleuchtung usw. Und wehe es fehlt eines, dann drohen Geldstrafen in 5-stelliger Höhe. Das Personal wird damit beschäftigt, täglich die Vollständigkeit zu überprüfen und zu dokumentieren. Einem mündigen Bürger und potenziellen Kunden ist es offenbar nicht zuzumuten, einen Verkäufer zu fragen.
Die Politik hat es geschafft, daraus eine große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für dubiose Anwälte zu machen, die sich auf das Verschicken von Abmahnungen spezialisiert haben. Es sind Fälle bekannt, wo die „Kontrolleure“ vor dem „Beweisfoto“ selbst das Label abgerissen haben. Die Unternehmen können sich dagegen kaum wehren, wollen sie nicht jedes Energielabel videoüberwachen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Siegel, Testergebnisse oder Energielabel reine Marketinginstrumente sind, und am Schluss das wohl schlagendste Argument gegen diesen Schwachsinn:
Würde man all die Kraft, die man hier vergeudet, darauf verwenden, die Energie zu 100% aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, wären Energielabel vollkommen überflüssig, denn es wäre egal wie viel Energie verbraucht würde.

(HR - April 2017)
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